Deutschland

Die ländlichen Räume der Bundesrepublik Deutschland sind vielfältig und lassen sich nicht pauschal mit wenigen Eigenschaften oder Entwicklungen präzise beschreiben. Bezogen auf ihre Gesamtfläche und -Bevölkerung sind diese in jedem Fall bedeutsam: Auf 357.386 km2 leben etwa 57 % der Bevölkerung, welche wiederum 91% der Gesamtfläche des Landes ausmachen. Dabei zählen nicht nur Dörfer oder kleinere Siedlungsformen zu dieser raumstrukturellen Kategorie, sondern auch viele Klein- und Mittelstädte. Allerdings ergeben entlegene ländliche Räume, fernab der großen Ballungsräume, durchaus ein einheitlicheres Bild: Sie sind durch einen ausgeprägten demographischen Wandel betroffen. Dieser umfasst einen zunehmenden Rückgang der Einwohnerzahlen aufgrund steigender Sterbefälle bei mehr oder weniger konstanten oder sogar rückläufigen Geborenenzahlen und schwächeren Wanderungsgewinnen bzw. auch Wanderungsverlusten. Die mehrdimensionalen Schwächungs- und Schrumpfungsprozesse vor dem Hintergrund der dargestellten Rahmenbedingungen insbesondere in strukturschwache ländliche Regionen ergeben einen besonderen entwicklungspolitischen Handlungsbedarf in mehreren gesellschaftlichen und ökonomischen Bereichen.

Eins dieser Bereiche betrifft die Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastrukturen, welche durch die Bevölkerungsentwicklung sowie die wirtschaftsstrukturellen Veränderungen vor enorme Herausforderungen gestellt werden. Vor allem ihre Finanzierung und nachhaltige Ausgestaltung stehen immer mehr unter Druck. Dabei umfasst der manchmal schwer eingrenzbare Begriff der Daseinsvorsorge alle gemeinwohldienlichen Leistungen im weiteren Sinn, die der Einzelne zu einer angemessenen Lebensführung benötigt und deren grundsätzliche marktförmige Darbietung daher regelmäßig staatlichem Einfluss unterliegt. 

Die Besonderheiten eines föderalen Systems in der Bundesrepublik Deutschland, sollen anhand der von InDaLE fokussierten Flächenländer Sachsen, Bayern und Niedersachsen in den Fokus geraten. Dabei ermöglichen diese Fokusräume zusätzlich ausreichende Erkenntnisse aus raumstrukturell unterschiedlich geprägten Regionen. Die vier Typen ländlicher Räume nach Küpper finden sich in den drei Ländern wieder: In Niedersachsen dominieren sehr ländliche, weniger gute sozioökonomische Lagen während in Bayern hingegen eher die ländlichen, guten sozioökonomische Lagen dominieren. In beiden Ländern lassen sich aber alle Typen auffinden. Sachsen – als typischer Vertreter der neuen Bundesländer – spiegelt die eher ländlichen, weniger guten sozioökonomischen Lagen wider.  

Im Bereich der von InDaLE untersuchten standortgebundenen Daseinsvorsorgebereichen und Infrastrukturen existieren eine Fülle an sehr spezifische Herausforderungen sowie an Entwicklungsperspektiven. Im Falle der nachschulischen Bildung bringt der demographische Wandel beispielsweise weitreichende Folgen für die Aufrechterhaltung von berufsbildenden Schulen in ländlich peripheren Regionen mit sich. Dabei spitzt sich der bereits spürbare Fachkräftemangel in bestimmten Regionen und Branchen zu und eine erhebliche Zahl an Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt. Ähnlich wirkt sich die demographische Dynamik auf den Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr aus. Die Verfügbarkeit dieser überwiegend ehrenamtlich gestemmten Bereiche der Daseinsvorsorge geht stark zurück. Hinzu kommt, dass ehrenamtlich Tätige in Feuerwehren, Rettungsdienste oder Hilfswerke vielerorts beruflich bedingt tagsüber nicht am Wohnort verfügbar sind, so dass sich Ausrückestärken minimieren und die Eintreffzeiten am Einsatzort verlängern. Schließlich fokussiert sich InDaLE auf den breiten Bereich der Gesundheit und Pflege, welcher vor dem Hintergrund einer generell alternden Bevölkerung besondere Herausforderungen aufweist. Ganz gleich ob bei der haus- und fachärztlichen Versorgung oder bei der Unterstützung und Betreuung von Hochbetagten werden innovative, würdige und bezahlbare Lösungen auf lokaler und regionaler Ebene dringend benötigt.  

InDaLE beabsichtigt aus den guten Beispielen des europäischen Auslands zu lernen, um sozial und technologisch innovative Zukunftslösungen für die Daseinsvorsorge ländlicher Räume Deutschlands zu adaptieren bzw. zu übertragen.